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Führt Eisen zur Neurodegeneration ?


Die Anreicherung von Eisen im Gehirn ist ein gemeinsames Merkmal mehrerer neurodegenerativer Erkrankungen einschließlich der Alzheimer- und der Parkinson-Krankheit. Obwohl die pathogene Relevanz von Eisen lange Zeit umstritten war, haben neuere Studien gezeigt, dass eine gestörte Eisenhomöostase mit dem Fortschreiten dieser beiden Erkrankungen verbunden ist. Vermutlich spielt hierbei die immunkompetente Mikroglia im Gehirn eine entscheidende Rolle, denn sie hat die höchste Eisenspeicherkapazität. Wie sich eine Eisenüberladung genau auf die Funktion der Mikroglia auswirkt und ob eisenbeladene Mikroglia zur Neurodegeneration beiträgt, war bisher nicht bekannt.


In einer aktuellen Studie von Sean Ryan und Kollegen konnte nun gezeigt werden, dass aus menschlichen, induzierten pluripotenten Stammzellen abgeleitete Mikrogliazellen sehr empfindlich auf Eisen reagieren. Sie werden anfällig für die sog. Ferroptose, eine eisenabhängige Form des Zelltodes (s. auch Kap. 2.1.2.1 in meinem Buch über Neurodegeneration). Darüber hinaus führt erhöhtes Eisen zu einer veränderten Genexpression, die derjenigen von Parkinson-Kranken ähnlich ist. Dabei sind insbesondere der Glutathion-Stoffwechsels und dysregulierte immun- und myeloidbezogene Signalwege betroffen. Interessanterweise haben schon früher Einzelzell-Analysen bei Alzheimer-Patienten eine gestörte Eisenhomöostase in der Mikroglia identifiziert.

Da die Entfernung der Mikroglia aus dem Zellkultursystem die eiseninduzierte Neurotoxizität erheblich verzögerte, scheint dieser Zelltyp entscheidend zur Neurodegeneration beizutragen. In zukünftigen Arbeiten wird es darum gehen, die Folgen der Eisenbeladung von Mikroglia auch in vivo nachzuweisen und diejenigen Faktoren zu identifizieren, die den neuronalen Tod auslösen. Die in dieser Richtung schon von Ryan et al. mit Hilfe eines genomweiten CRISPR-Screens erhobenen Daten zeigen, dass sowohl etablierte Ferroptoseregulatoren wie ACSL4 als auch ein neuer Faktor, SEC24B, offenbar Zelltod auslösen können. SEC24B ist ein Regulator des COPII-vermittelten Proteintransports vom endoplasmatischen Retikulum hin zum Golgi-Apparat. Durch das Ausschalten von SEC24B wurden die Zellen nach der Behandlung mit Eisen resistent gegen den ferroptotischen Zelltod. Dabei stellten die Autoren fest, dass SEC24B bei mehreren neurodegenerativen Erkrankungen, darunter ALS, multiple Systematrophie, frontotemporale lobäre Degeneration und Alzheimer, signifikant hochreguliert wird.


Therapeutisch ist die Beseitigung von Eisen, beispielweise mittels Eisenchelatoren (Deferipron), schwierig, da hierbei die Gefahr der weiteren Reduktion von Dopamin bei Parkinson-Kranken gegeben ist. Tyrosinhydroxylase, das entscheidende Enzym für die Dopaminsynthese, arbeitet nämlich eisenabhängig. Daher werden derzeit in erster Linie Substanzen getestet, die die Ferroptose hemmen.


Referenzen:


Kenkhuis B, Bush AI, Ayton S (2023) How iron can drive neurodegeneration. Trends in Neurosciences 46:333


Ryan SK, Zelic M, Han Y, … , Ofengeim D, Hammond TR (2023) Microglia ferroptosis is regulated by SEC24B and contributes to neurodegeneration. Nature Neuroscience 26:12


Bildnachweis: iStock/Jian Fan

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