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Können Proteine aus dem Blut eine künftige Demenz bei gesunden Erwachsenen voraussagen?


Ein vielfältiges Spektrum biologischer Prozesse wird mit der Pathophysiologie von Demenzerkrankungen, an denen weltweit über 55 Millionen Menschen leiden,  in Verbindung gebracht. Obwohl unser Verständnis der molekularen Mechanismen in den frühen Phasen einer Demenz noch begrenzt ist, wird seit einigen Jahren mithilfe von Proteomik-Plattformen und Biobanken versucht, das individuelle Risiko einer Demenzerkrankung vorherzusagen.

 

Die in der Fachzeitschrift Nature Aging in diesem Jahr veröffentlichten Ergebnisse markieren einen entscheidenden Fortschritt auf der Suche nach Bluttests, die Alzheimer und andere Demenzformen in einem sehr frühen, präsymptomatischen Stadium erkennen. Die Wissenschaftler haben Blutproben von über 50.000 gesunden Erwachsenen aus der UK Biobank untersucht, von denen 1.417 innerhalb von 14 Jahren an Demenz erkrankten. Dabei stellten sie fest, dass hohe Blutwerte von vier Proteinen – GFAP, NEFL, GDF15 und LTBP2 – signifikant mit einer späteren Demenz-Diagnose in Verbindung stehen.


Bei einigen Patienten lagen die Plasmalevel dieser Proteine mehr als zehn Jahre vor dem Auftreten der Symptome außerhalb des normalen Bereichs. GFAP, ein Protein, das strukturelle Unterstützung für Astrozyten bietet, wurde bereits als diagnostischer Marker für Alzheimer vorgeschlagen (ebenso wie GDF15). Die aktuelle Studie zeigt nun, dass Personen mit hohen GFAP-Werten im Blut mehr als doppelt so wahrscheinlich an Demenz erkranken und fast dreimal so wahrscheinlich an Alzheimer, verglichen mit Personen, die Normalwerte aufweisen.


Die Autoren verwendeten maschinelles Lernen, um Vorhersage-Algorithmen zu entwickeln, die die Werte der vier Biomarker mit demografischen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Bildungsniveau und Familiengeschichte kombinieren. Sie trainierten das Modell mit Daten von zwei Dritteln der Studienteilnehmer und testeten seine Leistung anhand der Daten der verbleibenden 17.549 Personen. Das Modell sagte das Auftreten von drei Demenz-Subtypen (einschließlich der Alzheimer-Krankheit) mit einer Genauigkeit von etwa 90 % mehr als zehn Jahre vor der offiziellen Diagnose voraus.


In einer weiteren Studie aus dem Jahr 2023 identifizierten Walker und Kollegen 32 mit Demenz assoziierte Plasmaproteine, die bei der Protein-Homöostase, immunologischen und synaptischen Funktionen sowie bei der Organisation der extrazellulären Matrix eine Rolle spielen. Die Assoziation von 15 dieser Proteine mit klinisch relevanten Befunden konnte in zwei unabhängigen Kohorten repliziert werden. Zwölf der mit Demenz assoziierten Proteine standen in dieser Untersuchung mit bekannten Biomarkern für degenerative oder neuroinflammatorische Erkrankungen im Liquor cerebrospinalis in Verbindung. Acht Kandidatenproteine zeigten eine abnormale Expression im Gehirngewebe von Alzheimer-Patienten, obwohl einige der Proteine, die am stärksten mit dem Demenzrisiko assoziiert waren (z.B. das oben genannte GDF15), in den Proben nicht nachgewiesen werden konnten.

 

Durch Netzwerkanalysen konnte eine Protein-Signatur für das Demenzrisiko angegeben werden, die durch Dysregulation spezifischer Immun- und Autophagie-Signalwege bei Erwachsenen in der Lebensmitte etwa 20 Jahre vor dem Ausbruch einer Demenz sowie durch abnormale Koagulations- und Komplementfaktoren etwa 10 Jahre vor dem Beginn der Demenz gekennzeichnet ist. Genetische Analysen validierten neun Kandidatenproteine als Marker für Alzheimer im mittleren Lebensalter und deuteten auf eine kausale Rolle von Alpha 1-Antichymotrypsin, ein Proteasehemmer, in der Alzheimer-Pathogenese hin.

 

Bisher besteht allerdings noch Uneinigkeit, ob die vorliegenden Daten schon genutzt werden sollten, um Bluttests für die Allgemeinheit zu entwickeln, die Personen mit hohem Demenz-Risiko identifizieren. Die neuen Biomarker sollten nach Meinung vieler Forscher und Forscherinnen eher noch validiert werden, bevor sie als klinische Screening-Instrumente eingesetzt werden können.

 

Referenzen:


Walker KA, Chen J, Shi L, Yang Y, …, Boerwinkle E, Ballantyne CM, Coresh J (2023) Proteomics analysis of plasma from middle-aged adults identifies protein markers of dementia risk in later life. Science Translational Medicine 15:eadf5681


Guo Y, You J, Zhang Y, ..., Feng J-F, Cheng W, Yu J-T (2024) Plasma proteomic profiles predict future dementia in healthy adults. Nature Aging 4:247

 


Bildnachweis: iStock/Brickclay

 

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