Intrazelluläre Ansammlungen von Proteinen wie α-Synuclein oder Tau finden sich bei diversen neurodegenerativen Erkrankungen, beispielsweise beim Morbus Parkinson (Synuclein) und beim Morbus Alzheimer (Tau). Mutationen dieser Proteine können bei Betroffenen schon in einem relativ jungen Alter zu einem Untergang von Nervenzellen führen. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede innerhalb eines Gehirns, d.h. manche Bereiche sind stärker von Protein-Ablagerungen mit nachfolgendem Zelltod betroffen als andere.
Ungeklärt blieb bisher die Frage, ob primär eine erhöhte Synthese (oder auch ein verminderter Abbau) der pathologisch veränderten Synuclein- und Tau-Proteine zur Neurodegeneration führt oder ob eine bevorzugte Anfälligkeit bestimmter Neurone aufgrund unterschiedlicher lokaler oder zellulärer Eigenschaften vorliegt (bei gleicher Menge der toxischen Proteine). Praschberger und Kollegen zeigen nun in einer kürzlich im hochkarätigen Journal Neuron publizierten Arbeit, dass sich anfällige von resilienten Neuronen tatsächlich durch zelluläre Eigenschaften unterscheiden, die Unterschiede in der mitochondrialen Aktivität (bei Synuclein) oder in der synaptischen Organisation und intrazellulären Calcium-Homöostase (bei Tau) betreffen. Dafür verwendeten sie Genexpressionsdaten einzelner Neurone im menschlichen Gehirn und weitreichende Analysen von über 200 verschiedenen Neurontypen im Gehirn der Fruchtfliege (Drosophila).
Die Autoren konnten zeigen, dass, obwohl die α-Synuclein- und Tau-Spiegel in Drosophila über alle Gehirnzelltypen hinweg miteinander korrelieren, unterschiedliche neuronale Schaltkreise durch diese Proteine betroffen sind. Die Zuordnung der Tau-assoziierten Vulnerabilitätsgene in der Fliege zu den Tauopathie-relevanten menschlichen Gehirnregionen lieferte eindeutig Zelltypen mit bevorzugter Vulnerabilität, darunter dopaminerge Neurone der Substantia nigra und Reelin-positive Neuronen der Lamina II im entorhinalen Kortex. Weiterhin war in den Datensätzen des menschlichen Gehirns eine vergleichsweise geringe α-Synuclein-Expression in inhibitorischen (GABAergen) Neuronen festzustellen, was das typische Fehlen von α-Synuclein-Aggregaten in diesen Zellen erklären könnte.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass beim Menschen keine eindeutige Korrelation der α-Synuclein- und Tau-Spiegel mit der neuronalen Anfälligkeit vorliegt; in Drosophila-Modellen der α-Synuclein- und Tauopathie kann aber eine selektive neuronale Vulnerabilität auf transkriptioneller, struktureller und funktioneller Ebene beobachtet werden. Daher sollten sich künftige Behandlungsansätze bei der Parkinson- und Alzheimer-Krankheit aufzeigen lassen, die auf der Analyse und Nutzung von Resilienzstrategien definierter Hirnareale beruhen.
Referenz:
Praschberger R, Kuenen S, Schoovaerts N, ..., Poovathingal S, Verstreken P (2023) Neuronal identity defines α-synuclein and tau toxicity. Neuron 111:1577
Bildnachweis: iStock/Dr_Microbe
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