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Förderung peripherer Nervenregeneration durch Biolumineszenz-Optogenetik


Wie in meinem Buch über Nervenregeneration im ersten Kapitel geschildert, stellen periphere Nervenverletzungen ein weit verbreitetes klinisches Problem dar. Es beeinträchtigt die Lebensqualität der Verletzten erheblich und stellt für die Versichertengemeinschaft eine erhebliche wirtschaftliche Belastung dar.


Obwohl die Axone verletzter Nerven prinizipiell in der Lage sind, nach einer Läsion zu regenerieren, erholen sich nur ca. 10 % der Patienten. Leider sind also bei der Mehrzahl dauerhafte Behinderungen mit irreversiblen Symptomen wie eingeschränkter Motorik, Gefühlsverlust und häufig auch Schmerzen zu beobachten. Es müssen daher neue therapeutische Ansätze entwickelt werden, um eine ausreichende und spezifische Axonregeneration zu ermöglichen.


Die Arbeitsgruppe um Arthur English am Institut für Zellbiologie der Emory University School of Medicine in Atlanta (GA, USA) hatte schon in früheren Arbeiten gezeigt, dass insbesondere die Erhöhung der Aktivität verletzter Nervenzellen einen therapeutischen Erfolg verspricht. So beschleunigt eine kurze, niederfrequente (20 Hz) elektrische Stimulation und eine moderate Bewegung die funktionelle Erholung nach einer peripheren Nervenverletzung erheblich.


Allerdings können nicht alle Patienten mit Nervenverletzungen elektrisch stimuliert oder in ein Trainingsprogramm aufgenommen werden. Daher haben Anna Ecanow und Kollegen die Biolumineszenz-Optogenetik (BL-OG) als Alternative zu den aktivitätsabhängigen Therapien entwickelt und im letzten Jahr im International Journal of Molecular Sciences publiziert.


Die BL-OG verwendet Luminopsine, also Fusionsproteine aus lichtempfindlichen Ionenkanälen (Opsine) und lichtemittierender Luziferase.

Schema des exzitatorischen Luminopsins. Gaussia-Luciferase (GLuc) wird mit einem lichtempfindlichen Rhodopsin-Kanal (VChR1) fusioniert (zur Visualisierung des Kanals befindet sich ein Fluoreszenzmarker, EYFP, an seinem zytosolischen Ende). Nach Zugabe eines Luciferase-Substrats, wie z.B. Coelenterazin (CTZ), werden Photonen (Biolumineszenz) freigesetzt und der Kationenkanal von VChR1 geöffnet, wodurch das Neuron elektrisch angeregt wird (Fig. 1 aus Ecanow et al., 2022, Int. J. Mol. Sci. 23:16084)


Als Tool, um den lichtempfindlichen Ionenkanal in motorische und sensible Nervenfasern einzubringen, verwendeten sie Adeno-assoziierte virale Vektoren, die entweder für ein exzitatorisches Luminopsin (eLMO3) oder seine mutierte Form (R115A) kodieren. Letztere erzeugen Biolumineszenz, aber erregen keine Nervenzellen. Nach Injektion in den Ischiasnerven von Mäusen und folgender viraler Transduktion der dazugehörigen Neurone wurde der Nerv durchtrennt und durch eine einfache End-zu-End-Anastomose repariert. Gleich nach der Operation erfolgte eine einmalige, systemische (intraperitoneale) Gabe von CTZ, einem Luciferase-Substrat. Schon vier Wochen nach der Läsion waren die zusammengesetzten Muskelaktionspotenziale (die sog. M-Wellen) als Reaktion auf die Stimulation des Ischiasnervens viermal so groß als in den Kontrolltieren, die das mutierte (inaktive) Luminopsin exprimierten.


Darüber hinaus war die Anzahl der motorischen und sensorischen Neurone, die retrograd von den re-innervierten Muskeln markiert wurde, signifikant größer als in Mäusen mit mutiertem Luminopsin und unterschied sich nicht signifikant von denen in intakten Mäusen. Wurde das Virus mit dem lichtempfindlichen Ionenkanal verzögert injiziert, so dass die Luminopsin-Expression erst nach der Nervenverletzung erfolgte, waren die evozierten M-Wellen, die von reinnervierten Muskeln aufgezeichnet wurden, ebenfalls signifikant größer nach einer Axotomie. Dieses klinisch besonders interessante Resultat zeigt, dass die BL-OG ein erhebliches Potenzial zur Verbesserung der Axonregeneration und zur Förderung der funktionellen Erholung nach peripherer Nervenläsion hat.


Referenz:


Ecanow A, Berglund K, Carrasco D, Isaacson R, English AW (2022) Enhancing motor and sensory axon regeneration after peripheral nerve injury using bioluminescent optogenetics. International Journal of Molecular Sciences 23:16084


Bildnachweis: iStock/Ianm35


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